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Nominalisierung (Nominalization)

Definition

Nominalisierung bezeichnet den sprachlichen Prozess, bei dem ein dynamischer Vorgang (Verb oder Prozess) in ein Substantiv überführt wird, das eine statische Entität suggeriert. Im NLP-Kontext beschreibt eine Nominalisierung die Umwandlung eines Prozesses oder Verhaltens in eine sprachliche Form, die wie ein „Ding“ erscheint. Dadurch wird ein fließender Vorgang als etwas Statisches dargestellt. Klassisches Beispiel: Aus dem Vorgang „jemanden lieben“ wird „Liebe“. Während „lieben“ ein aktiver Prozess ist, erscheint „Liebe“ sprachlich wie ein Objekt. NLP betrachtet Nominalisierungen als Verzerrung der Realität, da sie Menschen suggerieren, Prozesse seien unbeweglich, abgeschlossen oder „besitzbar“.

Ursprung und Theoretischer Hintergrund

Nominalisierungen sind ein zentrales Thema im Meta-Modell der Sprache, das von Richard Bandler und John Grinder in den 1970er Jahren entwickelt wurde. Das Meta-Modell identifiziert sprachliche Muster, durch die Menschen ihre Erfahrung verzerren, tilgen oder generalisieren. Die Idee basiert auf Noam Chomskys Transformationsgrammatik, die Sprache in Oberflächen- und Tiefenstruktur unterscheidet. In der Tiefenstruktur ist z. B. ein Prozess enthalten („jemand handelt“), der in der Oberflächenstruktur durch eine Nominalisierung verschleiert wird („das Verhalten“). So können Nominalisierungen das Denken beeinflussen – eine zentrale Annahme des NLP.

Anwendungsbeispiele

• Therapie: Klient sagt „Unsere Beziehung ist kaputt.“ – Therapeut fragt: „Was genau passiert in eurer Beziehung?“
• Coaching: Coachee erklärt „Ich erlebe viel Frustration.“ – Frage: „Was genau tust du oder was geschieht, wenn du dich frustriert fühlst?“
• Supervision: „Es herrscht eine große Unsicherheit im Projekt.“ – NLP-Trainer fragt: „Was genau passiert, das du als Unsicherheit beschreibst?“

Einsatzbereiche

• Therapie: Auflösung fixierender Sprachmuster
• Coaching: Förderung prozesshaften Denkens
• Führungskräftetraining: Klarere Kommunikation, weniger Entpersonalisierung
• Persönlichkeitsentwicklung: Reflexion eigener Sprache
• Konfliktlösung: Dekonstruktion statischer Zuschreibungen

Methoden und Übungen

1. Identifikation: Nominalisierung erkennen („Vertrauen“, „Probleme“, „Misserfolg“).
2. Dekonstruktion: Fragen wie „Wer tut was?“ oder „Was genau passiert?“ stellen.
3. Prozess herstellen: Umwandeln in Verb oder Handlung. Beispiel: „Angst“ → „Ich denke an etwas und spüre körperliche Anspannung.“
4. Übung: „Nominalisierungsjagd“ – Begriffe ent-nominalisieren und in beobachtbare Handlungen transformieren.

Verwandte Begriffe

• Tilgung (Meta-Modell)
• Verzerrung
• Generalisierung
• Reifizierung (Vergegenständlichung)

Abgrenzung: Nicht jede Substantivierung ist eine Nominalisierung im NLP-Sinn – entscheidend ist, ob ein Prozess als statisches Objekt dargestellt wird.

Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen

• Praktisch:
  • Erhöht sprachliche Bewusstheit
  • Fördert präzisere Kommunikation und kognitive Flexibilität
  • Unterstützt beim Entwirren blockierender Vorstellungen
• Wissenschaftlich:
  • Ähnlichkeiten zur kognitiven Linguistik: Sprache strukturiert Denken
  • Parallelen zur systemischen Therapie, Gesprächspsychotherapie, Metaphernarbeit

Kritik oder Einschränkungen

• NLP-Kritik an Nominalisierungen ist selbst ein sprachliches Modell und nicht „objektiv“.
• Nominalisierungen sind in Alltagssprache oft praktisch und ökonomisch.
• Ständiges Hinterfragen kann Kommunikationspartner verunsichern.
• Nicht jede Nominalisierung muss „aufgelöst“ werden – metaphorische Sprache kann auch hilfreich sein.

Literatur- und Quellenhinweise

• Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic I. Science and Behavior Books.
• Bandler, R., & Grinder, J. (1979). Reframing. Real People Press.
• Jochims, I. (1995). Sprache als Zaubermittel. Junfermann.
• Dilts, R. (1990). Changing Belief Systems with NLP. Meta Publications.
• Chomsky, N. (1965). Aspects of the theory of syntax. MIT Press.

Metapher

Eine Nominalisierung ist wie das Einfrieren eines Flusses: Was einst im Fluss war, wird plötzlich zum festen Block erklärt – unbeweglich und hart. NLP will das Eis schmelzen und den Fluss wieder ins Fließen bringen.